Katia & Marielle Labèque, Tonhalle-Orchester Zürich, Michel Tabachnik - 10. Februar 2017, Tonhalle Zürich

Tonhalle-Orchester Zürich
Michel Tabachnik Leitung
Katia und Marielle Labèque Klavierduo
Clara Mouriz Mezzosopran

PHILIP GLASS: Four movements for two pianos
FRANCIS POULENC: Konzert d-Moll für zwei Klaviere und Orchester

MANUEL DE FALLA: El sombrero de tres picos (Der Dreispitz)

Die Woche endete dann mit dem zweiten Konzertbesuch, den ich auch geplant hatte, um endlich mal den neuen und schon wieder abtretenden Chefdirigenten der Tonhalle, Lionel Bringuier zu hören. Die Labèques waren mir bis dahin unbekannt, das wird sich nach diesem fulminanten Auftritt ändern. In High Heels, für die man einen Waffenschein benötigt, kommen die beiden auf die Bühne und spielen zunächst das vierteilige Opus von Glass – äusserst mittelmässige Musik, nichtsdestotrotz brilliant präsentiert. Mittelmässig, weil ich öfter mal dachte: das klingt jetzt so, wie wenn einer etwas zu oft das „Köln Concert“ angehört hat und „sowas“ jetzt mal rasch komponiert. Geht nicht, geht nirgends hin, ist aber auch bei weitem nicht insistierend genug, als dass es jemals wirklich interessant würde. Aber gut, es klingt ganz nett, Pop-Klassik halt – kommt natürlich super an, das Publikum tobt, die Schwestern gehen nach hinten und wieder nach vorn und wieder nach hinten pp.

Dann das Konzert von Poulenc – mit relativ kleinem Orchester, ohne Umbau, die Bühne um die beiden Flügel herum immer noch leer, das Orchester dahinter. Am Pult also Tabachnik, ein mir völlig unbekannter, wie ich las einst von Karajan geförderter, auch nicht mehr so junger Dirigent. Ich weiss nicht, was ich von dem Stück halten soll, manche Passagen finde ich spitze, anderswo höre ich abgehangenes neoklassizistisches Zeug wie bei Stravinsky … aber die Labèques ficht das nicht an, in den leisesten Passagen wie im lauten Tastenlöwensteinwaydonner machen die eine souveräne Figur. Das Orchester spielte mit Verve, das Solocello im Flageolett war grossartig, anderes da und dort auch, aber beim Zusammenspiel schien es manchmal etwas zu hapern. Das fiel umso mehr auf, als die Labèques mit selbstverständlicher Souveränität aus der perfekten Synchronizität in leichte Versetzungen und wieder zurückfinden konnten – schon bei Glass war das sehr faszinierend zu beobachten.

Nach der Pause dann Falla – ein riesiges Orchester (acht Kontrabässe – die lagen bei Glass noch wie gestrandete Wale in der hintere Ecke der abgestuften Bühne herum), sehr farbig, zupackend, mitreissend aber für mein Empfinden nicht. Die Mezzosopranistin Clara Mouriz stand für den ersten Auftritt mitten im Orchester zwischen den Celli und den Bratschen (die Geigen sassen nebeneinander links und mittig, daneben die Bratschen, die Celli vorne am Bühnenrand), für den zweiten dann am Geländer der Galerie hinter der Bühne – das war alles ganz gut gemacht, aber weder musikalisch noch interpretatorisch wirklich zwingend. Und am Ende brauche ich von Falla doch eher etwas Klaviermusik und vielleicht Rubinsteins „Noches“. Uraufgeführt hatte das Werk in der Tonhalle übrigens in
Auszügen Igor Markewitsch im Jahr 1952, zuletzt gespielt wurde es vor 24 Jahren under Vladimir Fedoseyev … ich glaube das ist ein Intervall, das man in etwa beibehalten kann, da gibt es doch interessanteres, wenn man denn schon mal Musik aus dem 20. Jahrhundert programmieren mag.

Hier gibt es eine Besprechung eines der anderen Auftritte (mit Ravel statt Glass und ohne Falla – es gab vier Konzerte, ein kurzes über Mittag, das unten besprochene und zwei „richtige“ Abendkonzerte):
https://www.nzz.ch/feuilleton/hazel-brugger-in-der-tonhalle-keine-angst-vor-fallenden-kronleuchtern-ld.144867

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